WA-KI-TA-MO-NEE

Wa-ki-ta-mo-nee war der Anführer des Otoe-Jagdtrupps, der Möllhausen im Januar 1852 aus seiner verzweifelten Lage am Sandy Hill Creek befreite und ihm damit das Leben rettete. Balduin Möllhausen hat sein ganzes Leben lang in Dankbarkeit und Freundschaft an die Otoe-Indianer gedacht.

... Dieser war ein Mann von riesenhafter Grösse und wie ich, trotzdem er zusammengekauert dasass, wahrnehmen konnte, von untadelhaftem, kräftigem Wuchse. Seine Haare waren ziemlich kurz geschnitten und durch sorgfältige Pflege zum Aufrechtstehen gebracht, während die geflochtene Skalp-Locke (auf dem Wirbel des Kopfes) tief auf den blossen Rücken herabhing. Sein Gesicht war mit schwarzen Streifen geschmückt und trotz des wilden Ausdruckes in seinen Zügen glaubte ich nie einen schöneren Indianer gesehen zu haben. Sein Name war Wa-ki-ta-mo-nee oder der dicke Soldat; er war einer der angesehensten Krieger der Ottoes und mancher Skalp, der seinen Schild zierte, gab Zeugniss seiner tapferen Thaten. Mit der Eigenschaft eines gefürchteten Kriegers verband er auch den Namen eines grossen Medizinmannes, das heisst eines Arztes und Zauberers. Meine unglückliche Lage, besonders aber das Wolfsfleisch, schien das Gefühl des Mitleids in ihm rege zu machen, denn als der alte Wo-nes-hee mir die brennende Pfeife reichte, streckte Wa-ki-ta-mo-nee seine Hand unter dem Vorhang hindurch in’s Freie, und zog das frische, blutige Viertel eines Hirsches herein, welches er bei seiner Ankunft daselbst niedergelegt hatte und jetzt mit gutmüthigem Nicken an meine Seite warf. Ein Mahl wurde nun gehalten, wie ich es in langer Zeit nicht genossen. Farfar’s scharfe Nase hatte unter den unordentlich über einander geworfenen Sachen ein Gefäss mit Talg gewittert, welches zum Schmieren des Wagens mitgenommen war; von diesem wurde ein Theil in der Pfanne geschmolzen, um von dem frischen Hirschfleisch einen duftenden Braten zu schaffen; und wohl gelang es, denn er duftete nicht nur, sondern hatte auch einen so feinen Wohlgeschmack, dass es mir vorkam, als habe ich nie etwas besseres gekostet. Wir assen, wir rauchten und assen wieder, wenig Worte und Zeichen wurden unterdessen gewechselt; bei jedem saftigen Streifen, den ich abschnitt, segnete ich in Gedanken meine rothhäutigen Retter, die ohne weitere Aussicht auf Gewinn bei ihrem Eintritt in verständlichem Englisch sagten: »Du bist hungrig, hier ist zu essen; Du musst hier untergehen, ziehe mit uns; Du bist krank, wir wollen Dich pflegen und kleiden,« und dennoch waren es vor den Augen der frommen Missionäre nur verworfene Heiden, nicht gut genug, als geringste Diener an ihrer Seite zu leben! ...

TAGEBUCH EINER REISE ...




Noch im hohen Alter würdigte er seine Otoe-Freunde mit dem Gedicht VERSCHOLLENE BILDER, enthalten in dem Buch DREILINDENLIEDER.


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