PAPIN, AMALIE (EMILY) (1837-1932)

Emily Papin im Jahre 1902 Fast hätte Balduin Möllhausen die schöne Emily geheiratet und wäre für immer in Amerika geblieben. (Wie das hätte sein können, kann man z.B. der Beschreibung der Ehe von Gustav Wandel mit Schanhatta in DIE MANDANENWAISE entnehmen.)
Emily wollte dann aber doch nicht und heiratete 1855 den mit Möllhausen befreundeten Halbindianer Henry Fontenelle (Enkel eines französischen Marquis, der ein indianisches Mädchen geheiratet hatte). Henry Fontenelle wurde 1858 von Sioux-Indianern getötet.

Amalie Papin war dann später nicht nur Vorbild für viele seiner halbindianischen Frauenfiguren, wie z.B. Schanhatta in DIE MANDANENWAISE und Daisy in DER SPION, sondern war auch für Karl May Vorlage für seine Beschreibung von Winnetous Schwester, Nscho-tschi.

... Ebenso wenig wird mich ein Vorwurf treffen, wenn ich zugebe, daß ich die jüngere der beiden Damen, die ich auf den ersten Blick für eine Halbindianerin erkannte, für mehr als hübsch hielt. War nun der Grund der, dass ich seit vielen Monaten das schöne Geschlecht nur durch unliebenswürdige Squaws vertreten gesehen hatte und eine so unvermuthete Erscheinung das Restchen Verstand, was mir die rasende Kälte noch gelassen hatte, vollends verwirrte, oder war das Wesen in der That ein indianisches Medizinmädchen, der widerstehen zu wollen, vergebliche Mühe gewesen wäre: genung, meine Herren, ich muß gestehen, die schöne Amalie hatte in der Geschwindigkeit einen so tiefen Eindruck auf mich gemacht, dass mir alle Lust zur Unterhaltung verging und ich das junge Mädchen ununterbrochen anstarrte, deren schwarze Augen dagegen mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Unschuld und Neugierde auf mir ruhten.
[...]
Ihr einfaches Kleid, nach amerikanischem Schnitte gearbeitet und eng an den Oberkörper anschließend, liess eine Figur erkennen, an der auch nicht das Geringste zu wünschen übrig blieb. Die Bewegungen und der natürliche Anstand des jungen Mädchens waren so ungekünstelt, so zart und dabei so geschmeidig, dass ich kaum meinen Augen zu trauen vermochte, wenn ich auf die dunkle Gesichtsfarbe schaute. Auf dem schlanken Halse ruhte der reizendste Kopf, den man sich nur denken kann; pechschwarze Haare, die in zwei langen Zöpfen über die Schultern hingen, fassten ein rundes , broncefarbenes Gesichtchen ein, auf welchem sich ein so eigenthümlicher Liebreiz spiegelte, dass man die weisse Hautfarbe durchaus nicht vermisste und gar nicht darüber in Zweifel blieb, dass keine Farbe zu dem ganzen Bilde besser hätte passen können, als der dunkele Anflug, der die Haut wie Atlas schimmern liess und dennoch die sanfte Röthe der Wangen nicht gänzlich zu verdrängen vermochte. Die etwas vorstehenden Backenknochen verriethen die indianische Abkunft, ebenso der Schnitt der Augen, die gross und schwarz von langen Wimpern beschattet wurden. Ihr Mund war so wohlgeformt, so zierlich und so frisch, dass unserem Doctor bei dessen Anblick, trotz der sechs und zwanzig Jahre seines glücklichen Ehestandslebens, ganz gewiss das Blut rascher in den Adern gekreist haben würde, besonders wenn er das Mädchen gesehen hätte, indem sie sprach. Zwei Reihen der herrlichsten Zähne schimmerten wie ächte Perlen unter den rothen Lippen hervor, ihre Hände waren klein wie bei allen Indianerinnen, und ein Füsschen hatte sie, dass ein Paar ihrer abgelegten Mokkasins verdiehnt hätten, zur Weltausstellung nach London geschickt zu werden. Dies war also Amalie Papin, die schöne Halfbreed, in die ich mich in der ersten halben Stunde verliebt hatte. ... ...

TAGEBUCH EINER REISE ...

Abbildung 1:
Ausschnitt aus einem Zeitungsfoto 1902
(Nebraska State Historical Society)

Abbildung 2:
Balduin Möllhausen: Skizzenbuch 2 (Ausschnitt)

Siehe hierzu auch:

Friedrich Schegk: Balduin Möllhausen und Amalie (Emily) Papin. Eine Romanze in den Council Bluffs.
(in)
Americana. Zeitschrift für Indanistik. 10.Jg. Heft 4.- Braunschweig: Corral. 1990

Friedrich Schegk: Aus der frühen Geschichte von Nebraska.
(in)
Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur.
Teil 2. Themen / Aspekte
28.Erg.-Lfg. September 1995

Andreas Graf: Der Tod der Wölfe.- Berlin: Duncker & Humblodt. 1991.


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