FONTANE, THEODOR (1819-1899)

Die vielleicht folgenreichste Bekanntschaft in Dreilinden machte Möllhausen mit Theodor Fontane. ... schreibt Andreas Graf in DER TOD DER WÖLFE. [1] Als erster weist er darauf hin, daß die Aufteilung der Schauplätze (Deutschland / Amerika) in Fontanes Roman QUITT auf den Einfluß der Möllhaus`schen Romane zurückzuführen ist. [2]
Die genaue Art der Beziehung zwischen Möllhausen und Fontane bleibt unklar. Sicher ist, sie sind sich einige Male bei der Tafelrunde in Dreilinden begegnet und Fontane hat Möllhausen in dessen Wohnung besucht, wie aus Fontanes Einleitung zu DER LEUCHTTURM AM MICHIGAN [3] hervorgeht:
... Er lebt seit einer Reihe von Jahren in Potsdam in glücklicher Zurückgezogenheit. Alles in seinem Hause drückt Behagen aus, jenes Behagen, das das Resultat einer äußeren und inneren Freiheit ist. Er schreibt und malt, dichtet und sammelt und erfreut sich der Liebe derer, die das Glück haben, ihm nahe zu stehen. ...
Aus welchem Grund Fontane diese Einleitung geschrieben hat, ist ungeklärt. Die Annahme von Andreas Graf ... wohl zunächst eine Gefälligkeitsarbeit ... läßt offen, weshalb sich Fontane zu einer solchen Gefälligkeit verpflichtet fühlte.

Auch später hatten sie noch Kontakt, sicher belegt aber nur für ein Treffen in Lohme auf Rügen am 14.9.1884, wo Theodor Fontane einen Tag mit dem Ehepaar Möllhausen (und mit Philipp Galen ?) verbracht hat. Sie hielten sich hier auch im Strandhotel Ostseebad Lohme (heute Panorama Silence Hotel) auf, wie Herr Matthias Ogilvie, der Hotelier, bestätigt. [4]


Veranda des heutigen Panorama Silence Hotels
in Lohme auf Rügen




In seinem Werk erwähnt Fontane Möllhausen bei der Beschreibung des Jagdschlosses Dreilinden und zitiert einen Liedtext von Möllhausen: [5]

... Diese drei Frühjahrsmonate waren wohl, wenn ich recht berichtet bin, die besonders bevorzugten, weil sie dem jagdliebenden Prinzen Gelegenheit gaben, auch seiner zweiten, seine Jagdlust vielleicht noch überbietenden Passion zu leben: der Lust am Wald.

O Frühlingsluft, o Frühlingsduft,
Im Schloß wird mir's zu enge,
Ich fühle, wie der Wald mich ruft
Fort aus dem Stadtgedränge.

Die Häusermassen groß und klein,
Sie wollen mich erdrücken,
Ich sehne mich, mit Lust im Frein
Das erste Grün zu pflücken.

Drum denn hinaus nach altem Brauch
Mit Jagdwehr, Hund und Rossen,
Auf daß ich seh, wie Baum und Strauch,
Die selbst ich pflanzte, sprossen.

So klang es in des Prinzen Herzen, sobald Oculi und Lätare gekommen waren:

Und sieh, am Tage Judica,
In seiner Waldesklause,
Da ruft er froh: Bin wieder da
In meinem eignen Hause;

Und ob es klein, doch mein es ist,
Hier leb ich ohne Sorgen,
Das Flüstern dreier Linden grüßt
Mich glücklich jeden Morgen.

Und wirklich glücklich vergingen ihm hier die Tage...

Den Forst durchstreift der Feldmarschall
Im grauen Weidmannskleide,
Tautropfen funkeln überall,
Es duftet frisch die Heide...

So Balduin Möllhausen in einem reizenden kleinen Liede, das die Waldessehnsucht ausdrückt, die den Prinzen, bei Frühlingserwachen, zu befallen pflegte, gefällige Strophen, denen ich meinerseits nur das noch hinzuzufügen habe, was ich über Gang und Art eines solchen Dreilindner Frühlingstages in Dreilinden selbst erfahren konnte. ...

Die Namen Fontane und Möllhausen sind nocheinmal gemeinsam in dem 1902 erschienenen Band "Für unser Heim" enthalten. Hier findet sich eine von Theodor Fontane verfaßte Kurzbiographie [6] von Balduin Möllhausen.
Es handelt sich dabei um einen leicht aktualisierten Ausschnitt aus dem Vorwort für "Der Leuchtturm am Michigan".

[1]
Andreas Graf:
Der Tod der Wölfe. Das abenteuerliche und das bürgerliche Leben des Romanschriftstellers und Amerikareisenden Balduin Möllhausen (1825-1905).- Berlin: Duncker + Humblot. 1991.

[2]
Andreas Graf:
Fontane, Möllhausen und Friedrich Karl in Dreilinden. Zu Entstehungshintergrund und Struktur des Romans "Quitt".
(in)
Fontane-Blätter 1991, Heft 51,

[3]
Der Leuchtturm am Michigan und andere Erzählungen von Balduin Möllhausen. Mit einer Einleitung von Theodor Fontane.- Stuttgart: Verlag von W.Spemann. o.J. (1882)
>>> der Text der Einleitung

[4]
Der Besitzer des Panorama-Silencehotels Lohme, Herr Matthias Ogilvie, teilte mir mit:
"Die Schriftsteller Balduin Möllhausen und Philipp Galen trafen sich hier mit Theodor Fontane am 13.09.1884."

[5]
zitiert nach:
Theodor Fontane: Fünf Schlösser. Altes und Neues aus Mark Brandenburg.- Berlin: Aufbau Taschenbuch Verlag. 1998.
(EA 1888)

[ 6 ]
Für unser Heim! Bunte Spenden deutscher Dichter und Denker der Gegenwart für das Deutsche Schriftstellerheim in Jena zusammengetragen von Dr. Timon Schroeter.- Leipzig: J. J. Weber. 1902.
Anthologie mit Kurzbiographien und Beiträgen in Lyrik und Prosa von Arthur Achleitner, Eufemia von Adlersfeld Ballestrem, Hermann Bahr, Ernst Bassermann, Wolf Graf Baudissin, Otto Julius Bierbaum, Carl Bleibtreu, Oscar Blumenthal, Felix Dahn, Marie von Ebner-Eschenbach, Elisabeth Königin von Rumänien (Carmen Sylva), Rudolf Eucken, Karl Emil Franzos, Ludwig Fulda, Ludwig Ganghofer, Martin Greif, Paul Grotowsky, Ernst Haeckel, Adalbert von Hanstein, Paul Heyse, Paul Oskar Höcker, Kurt Holm, Arno Holz, Fedor von Köppen, Richard Landau, Adolf L'Arronge, Joseph Lauff, Fritz Lienhard, Detlev von Liliencron, Balduin Möllhausen (Kurzbiographie von Theodor Fontane), Börries von Münchhausen, Max Nordau, Anton von Perfall, Wilhelm Raabe ('Aus "Altershausen". Bruckstück eines möglicherweise demnächst erscheinenden Romans'), Julius Rodenberg, Peter Rosegger, Hermann Heinrich Rothe ('Im Parke zu Muskau'), Ferdinand von Saar, Johannes Schlaf, Maximilian Schmidt, Emil von Schoenaich-Carolath, Heinrich Seidel, Friedrich Spielhagen, Julius Stinde, Bertha von Suttner, Karl Tanera, Johannes Trojan, Ernst Wichert, Ernst von Wildenbruch, Ernst von Wolzogen, Fedor von Zobeltitz ('In meiner Bücherei) u.v.a.
- Timon Schröter (1844-1907), seit 1876 als Lehrer in Jena, 1899 Aufgabe der Schultätigkeit und Gründung des deutschen Schriftsteller- und Journalistenheims; Lyriker.
>>> der Text

Abbildung Jagdschloß Dreilinden:
Balduin Möllhausen
Die Dreilindenlieder.- Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn. 1896.

Bild Fontane:
Ausschnitt aus einem Gemälde: "Fontane 1883"
entnommen aus der Webseite:
M i s s i o n : F o n t a n e - http://www.theodorfontane.de


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