BALDUIN MÖLLHAUSEN

Möllhausen und die Indianer

Mohave

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Kioway

Navaho

    [...] Möllhausen kann unter dem Aspekt des echten Abenteurertums , des Reisens als Pioniertat ebenso bestehen wie im Geiste aufklärender Kenntnisvermittlung. Seine klare, präzise Prosa (die auch seine längst vergessenen Erzählungen und Romane auszeichnet) bleibt hinter anderen Beiträgen nicht zurück.
    [...]
    An Möllhausens Buch besticht neben der Exaktheit der Beschreibung und der Anschaulichkeit des Erlebnisbericht(s), der im Buch an anderen Stellen mehrfach in spannende Erzählungen mündet, seine Haltung zum Indianer-Problem. In einer Zeit, als die Nachrichten von den Grausamkeiten und Metzeleien der »Rothäute« die Spalten der europäischen Blätter füllten, zeichnete Möllhausen ein sachkundiges, verständnis-, ja liebevolles Bild von den Indianern und wies das brutale Kolonialgebaren, den »Ausrottungskrieg« der weißen Siedler als ausschließliche Ursache für die »Arglist« und »Hinterlist« der indianischen Eingeborenen aus, die mit allen Mitteln um ihre Existenz kämpfen müssen. Möllhausen meldet ernste Zweifel an der Berechtigung des zivilisatorischen Anspruchs der weißen Amerikaner an und tritt für ein vernünftiges Verhältnis zwischen beiden Bevölkerungsteilen ein. [...]

Gotthard Erler
Nachwort
STREIFZÜGE UND WANDERUNGEN.
REISEBILDER VON GERSTÄCKER BIS FONTANE.-
MÜNCHEN: CARL HANSER VERLAG. 1979.
(über TAGEBUCH EINER REISE VOM MISSISSIPPI ZU DEN KÜSTEN DER SÜDSEE)

Balduin Möllhausen hatte vielfältige Kontakte mit Indianern - intensive freundschaftliche Beziehungen und feindselige Begegnungen bis hin zur Tötung von zwei Indianern in Notwehr.
Zur Zeit seiner Amerikabesuche um 1850 war die Verdrängung und Ausrottung der Indianer durch die Weißen zwar in vollem Gange, Balduin Möllhausen konnte aber, da er sich auch in von der weißen Landnahme noch nicht betroffenen Gebieten aufhielt, Indianer noch in ihren ursprünglichen Lebensräumen kennen lernen. So ist z.B. sein Bild eines Mohave-Dorfes die früheste Darstellung eines solchen überhaupt.
Auf seiner ersten Reise lernte Möllhausen zunächst viele Stämme der sogenannten Prärie- (oder Plains-) Indianer kennen. Erst auf der zweiten Reise traf er dann auch auf die Stämme des Südwestens, denen er dann auf der dritten Reise wieder begegnete.
Den Umgang der Weißen mit den Indianern hat er selbst erlebt. Diese Erfahrung war für Balduin Möllhausen Anlaß zu schärfster Kritik an der amerikanischen Indianerpolitik und ihrer Umsetzung. Die Erkenntnis, daß die Vernichtung der Indianer unabwendbar war, zusammen mit seiner zutiefst humanistischen Einstellung, war sicher mit die Ursache für die, vor allem in seinen späteren Romanen spürbaren, melancholischen Stimmung in seinem Werk.

    ... Wie Wenige sind es nur noch, und wie bald werden auch diese verschollen sein, die den westlichen Eingeborenen kennen lernten, als noch stolzes Selbstbewußtsein auf seinen kriegerisch bemalten Zügen ruhte, die noch nicht durch eingeführte Krankheiten und giftiges Feuerwasser gelichteten Stämme den Charakter wirklicher Nationen trugen und eine gewisse Romantik darin lag, im Kreise muthiger brauner Krieger und großer Häuptlinge den mit süß duftendem Kraut gefüllten Kalumet zu rauchen, oder vereinigt mit ihnen dem klugen Biber nachzustellen und den wilden Cinnamon-Bären zu bekämpfen!
    Dahin, dahin! Wie schon jetzt in den östlichen Staaten die letzten Ueberbleibsel der untergegangenen Nationen - so weit sie sich nicht dem Ackerbau zuwendeten - familienweise bettelnd und marodirend, ähnlich den über Europa zerstreuten traurigen Resten des Volkes der einst so mächtigen Abencerragen, das Land durchstreifen, nur durch die Hautfarbe an ihre kriegerischen Vorfahren erinnern und bei dem träge denkenden Beobachter schwere Vorurtheile, sogar unbesiegbaren Widerwillen erwecken, so werden binnen absehbarer Frist auch die letzten Indianer der Steppe und der Rocky Mountains verachtet und verhöhnt von Thür zu Thür wandern, um ihr elendes Dasein von den Abfällen des Ueberflusses der Weißen zu fristen. Sie werden verspottet und mit Füßen getreten werden; man wird an ihnen rächen, daß ihre Väter, zu stolz, um sich der ihnen entehrend erscheinenden Feldarbeit zu unterwerfen, die an ihnen begangenen tausendfältigen Unbilden durch Raub, Mord und Brand vergalten.
    ...

Der Kesselflicker.- Berlin: Hausfreund-Expedition. (1871)

    ... Der noch unverdorbene Mohave ist nicht blind für den sogenannten Segen der Civilisation, er sieht seinen Bruderstamm unter dem Einfluß dieser Civilisation immer tiefer sinken, er sieht ihn herabgewürdigt unter das Thier, er sieht ihn als Sclaven in seinem eigenen Lande und erkennt, daß eine dunkel gefärbte Haut die Ansprüche auf Gerechtigkeit vernichtet, die der Indianer wie der Neger vor seinen weißen Unterdrückern erheben könnte.
    [...]
    Doch das Geschick des schönen und freien Stammes der Mohaves ist besiegelt, sein kräftiger Geist wird mit Waffengewalt gebrochen werden, und wie wir an tausenden von Beispielen kennen gelernt haben, und wie der Mohave es an seinem Yuma-Nachbarn jetzt täglich wahrnehmen kann, wird auch hier der dem Elend preisgegebene, rechtmäßige Besitzer des Landes sich bettelnd der Thür seines Unterdrückers nahen. (Fußnote: Es sind keine Phrasen, die ich hier einschalte, sondern nur Aufzählungen von Thatsachen, deren Augenzeuge ich war.) Das Geschick einer jetzt noch freien Nation ist besiegelt, und ein neuer Fluch gesellt sich bald zu den unzähligen, die auf denjenigen ruhen, welche es verstanden, sich durch eine verbrecherische Politik der sie hindernden Eingeborenen zu entledigen [...]
    [...] an Alle, Alle richte ich die Frage: "Wurde die indianische Race geschaffen, um mit Ueberlegung ausgerottet zu werden? Wurde der Neger zum Verkauf auf die Erde gestellt?"
    [...]
    Wo man indessen die Ueberzeugung gewonnen hat, daß keine Versuche zu Besserung von Zuständen, die wie ein eiterndes Geschwür einen ganzen Erdtheil verunzieren, unternommen werden, oder wo bei solchen Versuchen die Leitung unkundigen, ja untreuen Händen anvertraut wird, da gewinnt jeder, der eines gesunden Urtheils fähig, das Recht: rügend und tadelnd aufzutreten. Die Sclavenzucht und der Sclavenhandel in Amerika werden einst in sich selbst eine furchtbare, aber gerechte Strafe finden. Doch leider bleibt ungestraft das verbrecherische, systematische Verfahren, welches man dort einschlägt, um eine ganze Menschenrace bis auf die letzte Spur auszurotten.

REISEN IN DIE FELSENGEBIRGE NORD-AMERIKAS
BIS ZUM HOCH-PLATEAU VON NEU-MEXICO.-
LEIPZIG: OTTO PURFÜRST. o.J. (1861).

Zunächst fertigte Möllhausen seine Zeichnungen und Aquarelle fast ausschließlich als Grundlage für spätere Veröffentlichungen - für den Reisebericht, den Herzog Paul Wilhelm von Württemberg veröffentlichen wollte, für den Whipple-Report, für sein eigenes Reisewerk "Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee", für den Ives-Report und für seine Schilderung der Colorado-Expedition "Reisen durch die Felsengebirge Nordamerikas". Nicht nur aus den obenstehenden Texten von Balduin Möllhausen kann man wohl schließen, daß ihm bewußt war, Menschen und Szenen in seinen Bildern festzuhalten, die bald nicht mehr existieren würden; erstaunlich ist aber, daß Balduin Möllhausen anscheinend schon von Anfang an auch die Bedeutung seiner Bilder für sein eigenes Leben erkannt hatte, denn er gab nur Kopien aus der Hand oder stellte, bevor er Originale weggab, für sich selbst Kopien her.

Auf den folgenden Seiten sind einige von Balduin Möllhausens Indianerdarstellungen zu sehen.

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