BALDUIN MÖLLHAUSEN
Die Bilder


Wie kommen Kamele auf Möllhausen-Bilder?


I.3.b.29
Amon Carter Museum
Accession No.: 1988.1.24
Artist: Heinrich Balduin Möllhausen
Title: Beale`s Crossing (Beale`s Pass)
date: 1858
Medium: Watercolor and gouache on paper
Image Height: 7 3/4 inches
Image Width: 11 1/4 inches

Jeff Davis, Kriegsminister, schickte im Jahr 1855 Major Henry C. Wayne und Leutnant D. D. Porter nach Kairo, Smyrna und anderen Orten im nahen Osten um die besten Kamele auszusuchen und in die Staaten zu bringen, wo sie als Lasttiere in den südlichen Wüsten, als Ersatz für die weniger leistungsfähigen Pferde und Maultiere, verwendet werden sollten. Major Wayne landete mit 33 Tieren (9 Dromedare zum Reiten, 23 Lastkamele und 1 Kalb) und 6 Arabern (davon ein Beduine und "Kamel-Doktor") am 14 Mai 1856 in Indianola, Texas. Die Tiere wurden nach San Antonio gebracht, wo Major Wayne mit der praktischen Erprobung der Fähigkeiten der Kamele begann. Die Ergebnisse waren sehr zufriedenstellend - 3 Kamele konnten mehr Gewicht tragen, als 6 Maultiere mit einem Wagen ziehen konnten und waren dabei doppelt so schnell. Am 17.Februar 1857 wurde in Indianola eine zweite Herde angelandet.

Der Marine-Leutnant Edward F. Beale wurde 1852 Chef der Indianerbehörde von Kalifornien und gründete im Tejon-Pass 1853 eine Indianer-Agentur. Er war auch Mitarbeiter von Leutnant Thomas F. Castor bei der Errichtung von Fort Tejon im Jahr 1854.
Im Frühjahr 1857 erhielt Leutnant Beale, der inzwischen den "Topographical Engineers" angehörte, den Auftrag, eine Wagen-Route von Fort Defiance, Neu Mexiko, zur östlichen Grenze von Kalifornien zu finden. Eine Kamelherde wurde der Expedition dafür zur Verfügung gestellt.
Beale war von der Leistung der Kamele begeistert und schrieb in seinem Bericht:

    "The camels are now keeping up easily with the train, and came into camp with the wagons. My fears as to their feet giving out, as I had been led to believe from those who seemed to know, have so far proved entirely unfounded, though the character of the road is exceedingly trying to brutes of any kind. My dogs cannot travel at all upon it, and after going a short distance run to the wagons and beg to be taken in. The camels, on the contrary, have not evinced the slightest distress or soreness; and this is the more remarkable, as mules or horses, in a very short time, get so sore-footed that shoes are indispensable. The road is very hard and firm, and strewn all over it is a fine, sharp, angular, flinty gravel—very small, about the size of a pea—and the least friction causes it to act like a rasp upon the opposing surface. The camel has no shuffle in his gait, but lifts his feet perpendicularly from the ground, and replaces them, without sliding, as a horse or other quadrupeds do. This, together with the coarsely granulated and yielding nature of his foot, which, though very tough, like gutta percha, yields sufficiently without wearing off, enables them to travel continuously in a country where no other barefoot beast would last a week."

Sein Weg führte durch die Zuni-Dörfer nach Navaho Springs, südlich an den San Francisco Mountains vorbei und kreuzte schließlich den Colorado 125 Meilen oberhalb der "Needles".
Balduin Möllhausen nennt diese Stelle "Beale`s Crossing". Sein gleichnamiges Aquarell stellt den Übergang der Kamel-Expedition über den Colorado dar, so wie es ihm von Augenzeugen geschildert wurde. In der entsprechenden Illustration des Ives-Reports wurden die Kamele dann aber weggelassen.

    "... Wir landeten auf dem linken Ufer, und errichteten unser Lager unter den schönen Cottonwoodbäumen, die sich in einen Wald zusammendrängten. Wir befanden uns daselbst in geringer Entfernung von dem Punkte, an welchem Lieutenant Beale mit der Kamel-Expedition den Uebergang über den Ciolorado bewerkstelligt hatte. Capitain Jack, dem die Fahrt auf dem Dampfboot besonders zusagte, und der hauptsächlich deshalb wohl in unserer Gesellschaft ausharrte, beschrieb uns ziemlich genau den Uebergang der "großen, langhälsigen Pferde," dem er von Anfang bis Ende beigewohnt hatte. ..." Reisen, S.324

Möllhausen hatte aber, schon bevor er zum "Beale`s Crossing" kam, zuerst in Los Angeles, wo er auch Beale persönlich kennen lernte, und dann am Tejon-Paß in Bishops Farm tatsächlich Kamele gesehen.

Er hat die Merkwürdigkeit dieser Begegnung in einer erfundenen Szene (Skizzenbuch 2) zum Ausdruck gebracht und in den "Reisen" schildert er seine Erlebnisse:

    "... Am 9. November zur späten Nachmittagsstunde gerieth ganz Los Angeles in Aufregung, denn herein ritten in der Richtung von San Berhardino her, auf Kameelen und Dromedaren eine Anzahl wettergebräunter Gestalten, welche in ihrem Aeußern die unverkennbaren Spuren einer langen Reise durch unwirthliche Gegenden zeigten. - Es war Lieutenant Beale, früher zur Vereinigten-Staaten-Marine gehörend, der auf Befehl seiner Regierung den ersten Versuch einer Reise auf dem afrikanischen "Schiff der Wüste" durch die amerikanischen Steppen und Gebirge unternommenhatte.
    Die Vorbereitungen zum Aufbruch nahmen unsere Zeit so sehr in Anspruch, und Lieutenant Beale hatt so viel mit dem Entlassen seiner dort überflüssig gewordenen Leute zu thun, daß wir nur kurze Begrüßungen mit einender wechseln konnten. Da indessen unser beiderseitiges Ziel Fort Tejon war, wo am Rande des Tulare-Thales bei einem californischen Schafzüchter die zweiundzwanzig Kameele der Expedition überwintern sollten, so fand ich noch mehrere Male Gelegenheit genauere Nachrichten über "die Einführung der Kameele in Amerika" einzuziehen. ..."
    Reisen, S.28

    "... Wenige Schritte von der Wohnung rieselt im Schatten hoher Eichen eine klare Quelle aus dem steinigen Boden, und um dieselbe herum erblickt man stets Pferde, Kühe, einige verzogene Ziegen und Schaafe, Hühner, Truthühner, und zwischen allen Hausthieren, ebenso zahm wie diese, zwei muthwillige Elkhirsche. An dem Abend, an welchem wir anlangten, wurde der Charakter der Farm auf eigenthümliche Weise durch die von Lieutenant Beale und Torborn zurückgelassenen Dromedare verändert, die mit stoischer Ruhe in der Mitte des Hofes der Ruhe pflegten und für weiter nichts, als die unterhaltende Arbeit des Wiederkäuens Sinn zu haben schienen.
    Mr. Bishop empfing uns auf seinem Hofe, und lud uns sogleich ein, bei ihm zu übernachten. Die Anwesenheit seiner Frau aber, einer jungen hübschen Amerikanerin, (beiläufig, wenn auch nicht gerade zart, gesagt, in dortiger Gegend und damaliger Zeit ein fast ebenso seltene Erscheinung, wie die Dromedare), veranlaßte uns, die gastfreundliche Aufforderung nur in so weit anzunehmen, daß wir unsere Gesellschaft für den ganzen Abend zusagten, zum nächtlichen Aufenthalt dagegen das Zelt in einem geeigneten Winkel aufschlagen ließen. Nach den ersten Begrüßungen, die gemäß eines sehr lobenswerthen Brauches von ceremoniellen, gefüllten Bechern begleitet waren, mußten vor allen Dingen die Dromedare in Augenschein genommen werden, die bei unserer Annäherung ihre Unzufriedenheit über die in Aussicht stehende Störung zu erkennen gaben, indem sie auf mürrische Weise gurgelnde Töne ausstießen. Wie sich nicht anders erwarten ließ, mußten die Thiere, wie gewöhnlich bei der Ankunft von Fremden, ihre Gelehrigkeit dadurch beweisen, daß sie sich auf Befehl niederlegten und wieder aufstanden, wobei es natürlich nicht an der entsprechenden Bewunderung fehlte. Ich kann es nicht läugnen, die Anwesenheit der ägyptischen Lastträger auf dem amerikanischen Boden gewährte mir viel Freude, doch unterhielt unseres Negers Erstaunen mich an diesem Abend mehr, als alle Kunststückchen, zu welchen die armen Thiere fortwährend gequält wurden. Sprachlos vor Erstaunen schritt Louis um die Thiere herum und besah sie genau von allen Seiten; endlich fand er die Worte; "I want to know" rief er aus , "ich möchte wissen, ob des Niggers Vaterland wirklich das Vaterland dieser schrecklichen Thiere ist?" "Natürlich, Einfaltspinsel!" antwortete Lieutenant Mercer, "wenn in Afrika ein Neger geboren wird, so setzt man ihn auf ein Kameel, und dann muß er sein ganzes Leben hindurch auf demselben sitzen bleiben.!" "mighty strange, mighty strange," (sehr merkwürdig) bemerkte Louis, "aber ich kann`s nicht glauben." Nach einer Pause fuhr er fort: "ich möchte wohl der erste Nigger sein, der in Amerika auf einem Kameel gesessen hat!" "Das kannst Du haben, Freund," rief Bishop, indem er das größere Dromedar zum Niederknieen zwang, "jetzt stelle Dich nur hinter dasselbe und schwinge Dich hinauf!" Louis machte sich bereit, das Thier aber, nicht gewohnt, sich auf diese Art besteigen zu lassen, wendete seinen Kopf rückwärts, zeigte Louis die langen Zähne und schnob ihn verdrießlich an. Louis zauderte, fragte, ob ihn das "Monster" beißen würde, und als man ihm die Frage verneinte, sprang er hinauf und versuchte sich mit seinen langen Armen an dem breiten Höcker fest zu klammern. Kaum berührte er aber den Rücken des Thieres, als dieses, noch ehe er Zeit gewann, sich in`s Gleichgewicht zu bringen, wie ein Blitz emporschnellte, und durch die ungestüme Bewegung den armen Neger hoch in die Luft schleuderte. Louis` Schädel kam, als Schwerpunkt der knochigen Gestalt, natürlich zuerst mit der Erde in Berührung, und zwar mit einer Heftigkeit, daß der feste Kiesboden dadurch erschüttert wurde, und ich nicht anders glauben konnte, als daß der lustige Junge nie wieder aufstehen würde. Louis stand aber dennoch auf, rieb sich vergnügt mit der Hand über das wollige Haupt und bemerkte wohlgefällig: "Jedes weißen Mannes Schädel würde bei dieser Gelegenheit zu Scherben geworden sein; wenn ich auch nicht der erste Nigger bin, der in Amerika ein Kameel geritten hat, so bin ich doch wenigstens der erste, der von einer solchen ungestaltenen Bestie abgeworfen worden ist." Die Quälerei der Dromedare erreichte hier ihr Ende, wir schritten dem Hause zu, wo wir von der freundlichen Mrs. Bishop, an einem mit duftendem Braten beladenen Tische, erwartet wurden. ..."
    Reisen, S.85

Noch kurz zum weiteren Schicksal der Kamele: sie wurden noch verschiedentlich als Lasttiere verwendet. Die Amerikaner hatten aber Probleme, mit ihnen umzugehen, und so wurden die restlichen 14 Tiere im Jahr 1863 in Arizona freigelassen. 1876 fingen zwei Franzosen etwa 30 umherstreifende Tiere ein und verwendeten sie in Nevada als Lasttiere zum Transport von Salz und Holz. Als die einheimischen Maultiertreiber drohten, sie zu erschießen, brachten sie die Franzosen zu einem Bergwerks-Camp in Sonora. Das folgende Bild aus dem Bestand der California Historical Society zeigt die Kamele im Camp. Man hat dann von dieser Gruppe nichts mehr gehört.

Nach Zeitungsberichten aus dem Jahr 1879 lebte eine größere Menge wild am Rio Gila in Arizona. Nach einem weiteren Zeitungsbericht aus dem Jahr 1881 sollen sich 9 Tiere in einem Zirkus in Kansas City befunden haben.
Man kann wohl davon ausgehen, daß die amerikanischen Kamele die Jahrhundertwende nicht überlebt haben.

Literatur:

Beale, Edward Fitzgerald, Wagon Route From Fort Defiance to the Colorado River Washington: House Executive Document 124, Serial 959, 35th Congress, 1st Session, 1857-58

Lesley, Lewis B. Uncle Sam’s Camels; the journal of May Humphreys Stacy supplemented by the report of Edward Fitzgerald Beale (1857-1858), Cambridge, Harvard University Press, 1929

Thompson, Gerald Edward F. Beale and the American West. Albuquerque: University of New Mexico Press, 1983



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