Der Vater


Sein voller Name war Philipp Carl Heinrich Ludwig Möllhausen und er wurde am 14. Februar 1796 in Anklam (Pommern) geboren.
Heinrich M. als preußischer Offizier Nach eigenen Angaben kämpfte er auf preußischer Seite 1813/14 gegen Napoleon und wurde wegen seiner Tapferkeit ausgezeichnet. Er besuchte die Akademie für Königliche Offiziere und Ingenieure, erhielt 1817 das Offizierspatent und wurde in Köln stationiert.
1822 heiratete er die Baronesse Elise Aurore von Falkenstein. Vermutlich schied er 1824, als seine Frau das erste Kind erwartete, aus dem Militärdienst aus, weil seine Bezüge für den Unterhalt einer Familie zu gering waren. Nachdem er mit seiner Frau nach Bonn umgezogen war, wurde am 27. Januar 1825 Heinrich Balduin Möllhausen geboren. Bis 1833 kamen noch weitere 4 Kinder zur Welt.
Als Spekulant und Baunternehmer, mit einer Vielzahl von Aktivitäten, brachte er es zu einigem Wohlstand, bis sich 1835 die Situation offenbar ziemlich schnell und drastisch veränderte. Was genau die Ursache des finanziellen Absturzes war, ist nicht bekannt. Er verließ seine Familie und ging nach Amerika.

Der Grund für seine Auswanderung nach Amerika ist sicher im Charakter des Heinrich Möllhausen zu suchen, aber um Ehefrau und 4 Kinder ohne Geld zurückzulassen, muß wohl auch ein konkreter Anlaß vorhanden gewesen sein. Es gibt hier nur Spekulationen: Pleite und Flucht vor Gläubigern, Flucht vor der Justiz, oder er hat einfach nur keine Chancen mehr für sich gesehen und wollte in Amerika neu anfangen. Für die letzte Annahme, die von Siegried Augustin und Friedrich Schegk [1] favorisiert wird, spricht, daß im Pass für die Reise nach Mannheim, Ausgangspunkt der Amerikafahrt, auch seine Frau mit eingetragen war. Vielleicht war alles mit seiner Frau abgesprochen und er wollte seine Familie nachkommen lassen. Andreas Graf dagegen glaubt, daß er seine Familie einfach im Stich gelassen hat, hält ihn für "einen Windhund, wie er im Buche stand" [2] und sieht sogar auch Indizien für betrügerische Aktivitäten, die ihn zur Flucht gezwungen haben könnten.

Die Tatsache, daß die Grabstätte für seine Frau von Heinrich Möllhausen über Hermann Kaufmann (seinem früheren Teilhaber) gekauft worden war, könnte den Schluß nahelegen, daß die Familie sehr wohl den Aufenthalt von Heinrich Möllhausen gekannt hat und daß die Verbindung nie abgerissen war. Es kann aber auch nur bedeuten, daß der Kauf im Namen Heinrich Möllhausens, ohne dessen Wissen, stattgefunden hat.

Über Paris (Mai 1836) und Le Havre kam er vermutlich im Sommer 1836 nach New York.

1838 taucht er in Texas auf und bietet dem Präsidenten der damals noch selbstständigen Republik, Mirabeau Bonaparte Lamar, seine Dienste als Vermittler zwischen Texas und Preußen an. 1839 arbeitet er in New Orleans als Architekt.
Für die Vermessung eines südtexanischen Hafens und die Anfertigung einer Karte erhält er 1839 vom texanischen Marineministerium 500 Dollar. 1840 ist er in Austin, Texas, inseriert in Zeitungen als Architekt und baut als Major der texanischen Artillerie eine Schutztruppe gegen Indianerangriffe auf.
[3]
1841, nachdem Lamar von Sam Houston abgelöst wurde, geht er wieder nach New Orleans (für 1845 belegt) und versucht mit einem Büro für Architektur und Landvermessung Fuß zu fassen. Für viele dieser Aktivitäten wurden von Andreas Graf entsprechende Zeitungsannoncen und -berichte aufgelistet. [4]
Weitere Hinweise auf seine Tätigkeit in New Orleans finden sich in der Autobiographie von Henry Howard, einem der damals bedeutendsten amerikanischen Architekten. Offensichtlich hatte Möllhausen bedeutenden Einfluß auf Leben und Karriere von Henry Howard. [5]

1848 kehrt Heinrich Möllhausen nach zwölfjährigem Aufenthalt in Amerika mit leeren Händen nach Deutschland zurück. Er nennt sich nun Henry Moellhausen, vormaliger Major der Artillerie der Republik Texas. In Berlin wohnt er in der selben Straße wie sein Sohn Balduin, was wohl kaum Zufall sein kann und ein weiteres Indiz dafür ist, daß es zwischen Vater und Sohn Kontakte gegeben haben muß. Vermutlich ist er auch an der Auswanderung seines Sohns im Jahr 1849 beteiligt. Er betätigt sich als Auswanderungsagent und verfaßt im Selbstverlag 1850 eine Auswanderungsbroschüre [6], verdient sein Geld aber vor allem mit Nachhilfeunterricht. Dann verliert sich seine Spur, wieder verschwindet er, diesmal im Osten. Er arbeitet wohl als Ingenieur auf der Krim und in Odessa ist er bei der Planung der Eisenbahn nach Griechenland beschäftigt. Man weiß von Kontakten mit seinem Sohn Gustav in Smyrna (Izmir) und bekannt ist ein Briefwechsel [7] aus dem Jahr 1867 mit seinem Sohn Balduin, der dem kranken, siebzigjährigen Vater seine Hilfe anbietet.
Bald darauf, am 18 Dezember 1867 stirbt Heinrich M. im städtischen Krankenhaus von Odessa, welches vom preußischen Konsul für Behandlung und Beerdigung 25 Rubel und 75 Kopeken verlangt.



[1] Siegfried Augustin unter Mitwirkung von Friedrich Schegk:
Heinrich (Henry) Möllhausen. Offizier, Architekt und Auswanderungsagent.
in:
Americana. Zeitschrift für Amerikanistik. 10.Jg., Heft 2.- Braunschweig: Corral. 1990
und
Siegfried Augustin:
Heinrich (Henry) Möllhausen, in:
Lexikon der Reise- und Abenteuerliteratur. Herausgegeben von Friedrich Schegk.- Meitingen: Corian-Verlag. Heinrich Wimmer. 23.Erg.-Lief., 1994

[2] Andreas Graf:
Der Tod der Wölfe. Das abenteuerliche und das bürgerliche Leben des Romanschriftstellers und Amerikareisenden Balduin Möllhausen (1825-1905). Mit zahlreichen Abbildungen und einem Dokumenten- und Briefanhang.- Berlin: Duncker + Humblot. 1991.
Seite 22

[3] Man könnte denken, Balduin Möllhausen hätte bei dem, im 1864 erschienenen Roman DAS MORMONENMÄDCHEN enthaltenen Motiv der verkrachten preußischen Offiziere, die für die Mormonen eine Artillerietruppe aufbauen sollen, seinen Vater im Sinn gehabt. Das würde allerdings Kontakte zwischen Vater und Sohn vor der Abreise von Balduin M. (1849) voraussetzen.

[4] Andreas Graf:
Seite 214

[5] Robert S. Brantley, New Orleans:
Bisher unveröffentlichte Biographie von Henry Howard

[6] H.(enry) Moellhausen:
Die in Texas und Virginien gelegenen, der Londoner allgemeinen Auswanderungs- und Colonisationsgesellschaft gehörigen Ländereien, beschrieben und den deutschen Auswanderern empfohlen durch H.Moellhausen, vormaligen Major der Artillerie der Republik Texas. Selbstverlag. Für den Buchhandel zu beziehen durch F.Schneider & Comp. in Berlin. 1850.

[7] Andreas Graf:
Seiten 376-381


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